Frühe Hilfen
Zitierhinweis: Backes, J. & Paul, M. (2025). Frühe Hilfen. In: Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden.
Zusammenfassung
Frühen Hilfen sind ein präventives Unterstützungsangebot für Familien mit Säuglingen und Kleinkindern. Ziel der Frühen Hilfen ist es, Entwicklungsrisiken frühzeitig zu erkennen und belastete Familien durch niedrigschwellige, koordinierte Hilfen zu unterstützen. Im Fokus steht die sektorenverbindende Zusammenarbeit vor allem von Gesundheitswesen und Kinder- und Jugendhilfe, um psychosoziale und gesundheitsbezogene Angebote passgenau anbieten zu können. Die Frühen Hilfen setzen auf eine wertschätzende, ressourcenorientierte Haltung, um Stigmatisierung zu vermeiden und die freiwillige Inanspruchnahme zu fördern. Die gesetzliche Verankerung und die Arbeit des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) sichern Qualität und Weiterentwicklung.
Schlagworte
Entwicklungsrisiken, belastete Familien, sektorenverbindende Kooperation, präventiver Kinderschutz, Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)
In den ersten Lebensjahren werden entscheidende Weichen für die Entwicklung eines Kindes gestellt. Damit alle Kinder gut aufwachsen können, ist es notwendig, Familien Unterstützung anzubieten, denen es aufgrund einer belasteten Lebenssituation nicht gelingt, die Entwicklung ihrer Kinder angemessen zu begleiten. Durch Frühe Hilfen können Kinder schon ab der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit (Säuglinge und Kinder bis drei Jahren) so früh wie möglich gefördert werden. Ziel ist es, ihnen gute Startchancen zu ermöglichen und Entwicklungsbeeinträchtigungen abzuwenden.
In Deutschland stehen Eltern eine Vielzahl von Unterstützungseinrichtungen und -angeboten zur Verfügung. Doch insbesondere Familien, deren Lebensumstände durch verschiedene Belastungsfaktoren gekennzeichnet sind und die einen hohen Präventionsbedarf haben, können häufig nur unzureichend von Unterstützungsangeboten profitieren. Hierbei handelt es sich um das sogenannte Präventionsdilemma (Bauer, 2005; Staa & Renner, 2020; Sahrai & Bittlingmeyer, 2024). Um dieses aufzulösen, werden im Netzwerk Frühe Hilfen die Angebote der verschiedenen Akteurinnen und Akteure, Einrichtungen und Institutionen aus unterschiedlichen Sozialsystemen und Sektoren koordiniert und den Familien niedrigschwellig und möglichst passgenau zur Verfügung gestellt. Das setzt ein systematisches Erkennen relevanter Belastungsfaktoren von Eltern auf der Grundlage eines möglichst umfassenden Zugangs voraus.
Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem das Gesundheitswesen und die Kinder- und Jugendhilfe. Gerade Eltern mit hohem Hilfebedarf können durch eine gute Zusammenarbeit dieser beiden Bereiche unterstützt werden: Das Gesundheitswesen verfügt über notwendige, nicht-stigmatisierende Zugänge zu allen Familien und somit auch zu belasteten Familien. Die Kinder- und Jugendhilfe kann insbesondere auf eine breite Palette an psychosozialen Hilfen zurückgreifen und zur Verfügung stellen.
Frühe Hilfen im Spannungsfeld zwischen Förderung und Kontrollauftrag
Gravierende Fälle von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung gaben ab 2006 Anlass zu einer breiten gesellschaftlichen Debatte über Kinderschutz (Kinderschutz und Prävention ‒Gesundheitsförderung). Ziel der Debatte war, das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Verantwortung zu rücken. Dabei bestand auf allen föderalen Ebenen und in Wissenschaft und Praxis Einigkeit darüber, Entwicklungsstörungen und Gefährdungen für Kinder durch Prävention vermieden werden sollen. Sowohl die Gesundheitsministerkonferenz als auch die Jugendministerkonferenz sprachen sich damals für den Aufbau präventiver gesundheitsbezogener und psychosozialer Hilfen aus, die so früh wie möglich zur Verstärkung eines umfassenden Kinderschutzes sowie für eine stärkere systematische Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Systemen beitragen sollten.
In der Anfangszeit der Frühen Hilfen (2006 bis 2010) wurde unter dem starken Eindruck schwerwiegender Misshandlungsfälle intensiv um das Ausmaß von Förderung und Kontrolle in den Frühen Hilfen gerungen. Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gesundheitswesen taten sich anfangs sehr schwer, Kooperationen mit der Kinder- und Jugendhilfe einzugehen, aus Sorge, als verlängerter Arm des Jugendamtes wahrgenommen zu werden und damit das Vertrauen der Familien zu verlieren. Für alle in den Frühen Hilfen und im Kinderschutz Tätigen lag und liegt die Herausforderung darin, die eigenen Zuständigkeiten sowie deren Grenzen zu erkennen und bei weitergehendem Hilfebedarf oder in Fällen von Kindeswohlgefährdung entsprechend zu handeln.
Um der Fachpraxis eine erste Orientierung für den Prozess der Verortung Früher Hilfen zu geben und einen Diskurs darüber anzuregen, erarbeitete das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH, 2009) gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Beirat eine Begriffsbestimmung Frühe Hilfen (NZFH, 2009). Sie enthält ein umfassendes Verständnis der Förderung positiver Entwicklungsbedingungen und verfolgt nicht in erster Linie eine Strategie der einseitigen Gefahrenabwehr (Sann et al., 2013). 2014 wurde die Begriffsbestimmung vom Beirat des NZFH mit Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft und Praxis durch das Leitbild Frühe Hilfen ergänzt (NZFH, 2014a). Im Leitbild wurden die Eckpfeiler der Frühen Hilfen weiter ausdifferenziert. Vor allem hob es die Orientierung an den Bedarfen der Familien heraus, außerdem die wertschätzende und auf Vertrauen basierende Grundhaltung sowie die ressourcenstärkende und selbsthilfefördernde Ausrichtung der Frühen Hilfen.
Ziel der Frühen Hilfen
Frühe Hilfen reichen von Gruppenangeboten über aufsuchende Unterstützungsformen bis hin zu intensiveren Angeboten zur Förderung der Beziehungs- und Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern und Vätern. Zielgruppen sind alle Eltern, jedoch mit dem Fokus auf Familien in belasteten Lebenslagen (selektive Prävention).
Frühe Hilfen dienen der frühzeitigen Wahrnehmung von familiären Belastungen, die sich negativ auf die Gesundheit und das Wohl eines Kindes auswirken können. Sie leiten gegebenenfalls weitergehende Hilfen ein, wenn die Frühen Hilfen nicht ausreichen und/oder der Schutz der Kinder nicht ausreichend gewährleistet ist. Sie sind an der Schnittstelle zu intensiveren Hilfen und zum Schutzauftrag tätig, handeln aber nicht zur Erfüllung desselben. Dies tun sie in einem sektorenverbindenden Netzwerk unterschiedlicher Partnerinnen und Partner, die sowohl professionelle als auch ehrenamtliche Angebote bereithalten. Frühe Hilfen sind ein Unterstützungsangebot, das Eltern freiwillig in Anspruch nehmen können.
Darin eingebettet bedarf es besonderer Bemühungen, um Familien in schwierigen Lebenslagen anzusprechen und bedarfsgerecht zu unterstützen. Gerade psychosozial belasteten Familien fehlen oft die Ressourcen und auch das Vertrauen ins Unterstützungssystem, sich Hilfen aktiv zu erschließen. Sie benötigen spezifische, niedrigschwellige, meist aufsuchende Angebote, die ihre besondere Lebenslage berücksichtigen (NZFH, 2014b).
Die Vermeidung von Stigmatisierung ist dabei in erster Linie eine Frage der Haltung, mit der Fachkräfte Müttern und Vätern gegenübertreten, um sie für die Teilnahme an den freiwilligen Angeboten der Frühen Hilfen zu motivieren. Es hat sich als eine nicht erfolgsversprechende Strategie herausgestellt, Eltern als potenzielle Gefährder bzw. als Risiko für ihr Kind wahrzunehmen und anzusprechen. Dies blockiert den Aufbau einer notwendigen Vertrauensbeziehung (Geene, 2011).
Daher gilt es, in der Ansprache positive Ziele Früher Hilfen zu formulieren. Beispielsweise die Förderung einer altersgemäßen Entwicklung des Kindes oder das Erleben von mehr Sicherheit und Selbstwirksamkeit in der Elternrolle. Dies kommt den Bedürfnissen und Wünschen von Eltern entgegen (Renner & Heimeshoff, 2010) und kann die Motivation zur Inanspruchnahme von Hilfen unterstützen.
Unterstützungs- und Hilfeangebote in den Frühen Hilfen
Frühe Hilfen umfassen sowohl universelle als auch differenzierte Hilfen je nach Belastungs- und Problemhintergrund. Generell findet sich bei den Frühen Hilfen eine Vielzahl von unterschiedlichen Angeboten (Besuchsdienste, Müttercafés, Beratungsangebote, Lotsendienste etc.) in einem Kooperationsnetzwerk.
Demnach gibt es nicht den einen Hilfetypus bzw. das spezifische Angebot der Frühen Hilfen. Sie umschreiben das Verhältnis und die Bezogenheit von unterschiedlichen Hilfen in einem kommunalen Netzwerk zueinander. Dies beinhaltet Fragen des Zugangs zu Angeboten, zum Umfang der Unterstützung und vor allem zur Zusammenarbeit und der Koordinierung von Hilfen. Ziel ist es, allen Familien die Teilhabe an den Hilfen zu ermöglichen. Niedrigschwellige Angebote wie die längerfristig aufsuchende Betreuung und Begleitung (LAB) durch Familienhebammen und Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Pfleger zeigen hier große Erfolge vor allem bei Familien mit einem mittleren Belastungsgrad (Renner & Scharmanski, 2016). Daneben gibt es auch intensivere Unterstützungsformen.
Studien zeigen, dass Familien mit besonders herausfordernden Lebensumständen, wie beispielsweise sehr junge Elternschaft, von Angeboten wie STEEP (Steps toward effective and enjoyable parenting bzw. Schritte zu wirksamer und freudvoller Elternschaft) oder entwicklungspsychologischer Beratung profitieren können. Sie arbeiten unter anderem videounterstützt mit Eltern, um die Eltern-Kinder-Interaktion, Feinfühligkeit und Bindung der Eltern zu ihren Kindern zu stärken. Dabei handelt es sich um Angebote, deren Wirksamkeit bereits belegt ist (Suess et al., 2016; Zwönitzer et al., 2015).
Frühe Hilfen – vom Modellprojekt zur Regelförderung
Das Aktionsprogramm „Frühe Hilfen und soziale Frühwarnsysteme“ wurde 2006 vom damaligen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf den Weg gebracht. Ebenso initiierten Länder und Kommunen eigene Programme und Maßnahmen zu Frühen Hilfen.
Zu den zentralen Qualitätsdimensionen Früher Hilfen gehörte von Anfang an die konsequente Orientierung an den Unterstützungsbedarfen der Eltern und ihrer Kinder. Es sollte stets vom Kind bzw. von den Familien her gedacht werden; dies in einem Verbund systemübergreifender koordinierter Hilfen und Angebote vor allem des Gesundheitswesens und der Kinder- und Jugendhilfe – orientiert an der Lebenswelt der Familien.
Im Rahmen des Aktionsprogramms wurden zehn Modellprojekte in allen Bundesländern aufgesetzt. Der Praxisteil wurde von Ländern, Kommunen, Stiftungen sowie freien Trägern durchgeführt, die wissenschaftliche Begleitung vom NZFH aus Mitteln des BMFSFJ gefördert. Dabei ging es um geeignete Zugangsmöglichkeiten zu belasteten Familien, die Wirksamkeit von Hilfetypen, Bedingungsfaktoren gelingender Vernetzung und Kooperation sowie um die Verstetigung der Frühen Hilfen im Regelsystem.
Die Erkenntnisse fanden Eingang in die Beratungen zum Bundeskinderschutzgesetz (KKG), das Anfang 2012 in Kraft trat. Die Frühen Hilfen wurden darin als freiwillige Unterstützung erstmalig vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 4 KKG normiert: „Zu diesem Zweck umfasst die Unterstützung der Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung durch die staatliche Gemeinschaft, insbesondere auch Information, Beratung und Hilfe. Kern ist die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebots im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter (Frühe Hilfen).“
Des Weiteren wurde im Gesetz eine zeitlich befristete „Bundesinitiative Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen“ (§ 3 Abs. 4 KKG) – kurz: Bundesinitiative Frühe Hilfen – aufgenommen und vom BMFSFJ bis 2017 mit insgesamt 177 Millionen Euro gefördert. Ziel der Bundesinitiative war die Vorbereitung des bereits im Gesetz verankerten Fonds Frühe Hilfen, der ab 2018 über die Bundesstiftung Frühe Hilfen umgesetzt wurde. Darüber erfolgte die Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen und psychosozialen Unterstützung von Familien mit jährlich mindestens 51 Millionen Euro.
Mit der Bundesinitiative Frühe Hilfen wurde ein Qualitätsentwicklungsprozess angestoßen, über den zum Start der Bundesstiftung ein flächendeckender Ausbau auf einem annähernd vergleichbaren Qualitätsniveau in den Frühen Hilfen erreicht werden konnte.
Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen – Motor auf Bundesebene
Das BMFSFJ fördert seit 2007 das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) als zentrale Wissensplattform und Impulsgeber zu Frühe Hilfen, auf der Grundlage partizipativer Zusammenarbeit mit Ländern, Kommunen und Verbänden. Träger ist seit Februar 2025 das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) – bis dahin die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut e. V. (DJI). Sitz des NZFH ist das BIÖG in Köln.
In den Jahren 2012 bis 2017 wurde beim NZFH die Koordinierungsstelle zur Bundesinitiative Frühe Hilfen eingerichtet. Seit 2018, mit dem Start der Bundesstiftung Frühe Hilfen, gehören zu den Aufgaben des NZFH unter anderem Dauerbeobachtung, Transfer in die Praxis, Koordination des länderübergreifenden Austausches mit den Ländern und kommunalen Gebietskörperschaften sowie Öffentlichkeitsarbeit, um die Stiftung so zu unterstützen, dass ein bundesweit einheitliches Qualitätsniveau im Bereich Früher Hilfen im Sinne der Bundesstiftung gewährleistet werden kann. (vgl. BMFSFJ, 2017)
Dabei trägt das NZFH durch die Generierung und Bereitstellung von Wissen (beispielsweise Implementierungsforschung, Prävalenz- und Versorgungsforschung, Kooperations- und Schnittstellenforschung) und dessen Transfer in die Praxis und die Öffentlichkeit zur Qualitätsentwicklung und -sicherung der Frühen Hilfen bei. Darüber hinaus regt es den wissenschaftlichen Diskurs zu Frühen Hilfen an und unterstützt deren systematische Verankerung in der Fachpraxis, um sie als wirksames, präventives sowie dauerhaftes Unterstützungsangebot für (werdende) Eltern und ihre Kinder zu etablieren und zu sichern.
Das NZFH unterstützt die Fachpraxis im Rahmen der Qualitätsentwicklung und Qualifizierung, beispielsweise über die digitale Lernplattform Frühe Hilfen (NZFH, 2024a) oder konsensual entwickelte Qualitätsstandards für Lotsendienste (Schmenger et al., 2020). Außerdem initiiert das NZFH Prozesse des interdisziplinären und überregionalen Austauschs, zum Beispiel Interprofessionelle Qualitätszirkel Frühe Hilfen (NZFH, 2024b) oder kommunale Qualitätsentwicklungswerkstätten im Rahmen der Projekte „Qualitätsdialoge Frühe Hilfen“ und „Frühe Hilfen qualitätvoll gestalten“.
Das NZFH bearbeitet außerdem den Themenbereich Lernen aus problematischen Kinderschutzverläufen auf der Grundlage eines Gemeinsamen Beschlusses der Konferenz der Regierungschefs der Länder und der Bundeskanzlerin vom 12. Juni 2008 (NZFH, 2013): „Um Defizite im Kinderschutz zu identifizieren und um aus problematischen Kinderschutzverläufen zu lernen, wird das Nationale Zentrum Frühe Hilfen in Abstimmung mit Bund und Ländern eine Plattform für einen regelhaften Erfahrungsaustausch einrichten.“
Seit Beginn wird das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) von einem Beirat fachlich begleitet. Er besteht aus mehr als 40 Mitgliedern, die unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen sowie relevante Institutionen und Verbände repräsentieren.
Frühe Hilfen – ein eigenständiges und zugleich verbindendes Versorgungselement
Frühe Hilfen haben sich zu einem die bestehenden Sozialleistungssysteme ergänzenden und verbindenden Versorgungselement für werdende Eltern sowie Familien mit Säuglingen und Kleinkindern in Deutschland etabliert. Durch ein eigenes Profil und spezifische Angebote streben sie eine grundlegende Versorgungsqualität bei der Unterstützung von (werdenden) Müttern und Vätern an und entwickeln neue Zugänge für Familien in belastenden Lebenslagen.
Frühe Hilfen entfalten ihr Potenzial in der multiprofessionellen Kooperation und Vernetzung vieler Akteurinnen und Akteure aus unterschiedlichen Leistungssystemen. Hier spielt freiwilliges Engagement (Ehrenamt) eine wichtige Rolle. Erforderlich ist eine geregelte, gut koordinierte und konstruktive Zusammenarbeit unterschiedlicher Professionen und Institutionen, insbesondere aus den Bereichen Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitswesen, ferner aus der Schwangerschaftsberatung, der Frühförderung sowie dem Kontext materieller Hilfen der Grundsicherung.
Gute und nachhaltige Netzwerkarbeit ist daher konstitutiv für effektive lokale Systeme der Frühen Hilfen. Netzwerke haben die Aufgabe, den fachlichen Austausch zu organisieren und die Zusammenarbeit zu sichern. Sie bilden die Basis für eine stetige Verbesserung sowie Planung und Koordination einer bedarfsgerechten Angebotsstruktur. Wichtige Voraussetzung ist die gemeinsame Erarbeitung geregelter Verfahren zur übergreifenden, aber auch familienbezogenen Zusammenarbeit, verknüpft mit der beständigen Weiterentwicklung und Aushandlung eines gemeinsamen Fachverständnisses.
Vermehrt geht es auch um Fragen einer politisch strukturellen Verankerung. Denn Frühe Hilfen werden auf lokaler Ebene umgesetzt mit der Steuerungsverantwortung beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Die erfolgreiche Implementierung und Weiterentwicklung hängt dabei maßgeblich von der Unterstützung der politischen Ebene ab und der damit verbundenen Ressourcenplanung.
Durch die mit Ländern, Kommunen, Beirat und Familien partizipativ entwickelte Marke Frühe Hilfen wird zukünftig die Wiedererkennbarkeit und das Profil für Familien und Fachkräfte geschärft.Mit einer gemeinsamen Markenkommunikation wird auf Angebote der Frühen Hilfen und kommunale Netzwerke aufmerksam gemacht. Dabei bilden Keyvisuals sowie der sogenannte Frühe-Hilfen-Stempel den Kern einer überregionalen Kommunikation.
Frühe Hilfen bilden ein dynamisches und lernendes System, das sich an die sich wandelnden Lebensrealitäten und Bedarfe von Familien anpasst. Ihre Weiterentwicklung orientiert sich nicht nur an fachlichen Standards und empirischen Erkenntnissen, sondern auch an den Herausforderungen und Bedürfnissen junger Familien im Alltag. Zugleich übernehmen die Frühen Hilfen eine gesellschaftspolitische Rolle: Durch ihre Netzwerke übernehmen sie Anwaltschaft für Familieninteressen, indem sie strukturelle Versorgungslücken sichtbar machen und Impulse für eine familienfreundlichere Infrastruktur setzen. Sie sind damit nicht nur Unterstützungsangebote, sondern auch aktive Fürsprecher einer präventiven Unterstützung von Familien.
Literatur:
BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2017). Verwaltungsvereinbarung Fonds Frühe Hilfen (gem. § 3 Absatz 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz) über die Bundesstiftung Frühe Hilfen.
Bauer, Ullrich (2005): Das Präventionsdilemma. Potenziale schulischer Kompetenzförderung im Spiegel sozialer Polarisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93541-0
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Sann A., Geene R. & Paul M. (2013). Frühe Hilfen – ein neues Handlungsfeld zur Stärkung von Kindern und Familien. In R. Geene, C. Höppner & F. Lehmann (Hrsg.), Kinder stark machen: Ressourcen, Resilienz, Respekt (S. 361–385). Verlag Gesunde Entwicklung.
Schmenger, S., Schmutz, E., Backes, J. & Scharmanski, S. (2020). Zentrale Qualitätskriterien für Lotsendienste der Frühen Hilfen in Geburtskliniken. Fachliche Anforderungen für die weitere Profilierung. Eckpunktepapier. (Hrsg. Nationales Zentrum Frühe Hilfen – NZFH). https://doi.org/10.17623/NZFH:EPP-QkLFHG
Staa, J. van & Renner, I. (2020): »Man will das einfach selber schaffen« – Symbolische Barrieren der Inanspruchnahme Früher Hilfen. Ausgewählte Ergebnisse aus der Erreichbarkeitsstudie des NZFH. Kompakt. . (Hrsg. Nationales Zentrum Frühe Hilfen – NZFH). https://doi.org/10.17623/NZFH:K-SBIFH-AEE
Suess, G. J., Bohlen U., Carlson E. A., Spangler G. & Frumentia Maier, M. (2016): Effectiveness of attachment based STEEP™ intervention in a German high-risk sample. Attachment & Human Development,18(5). 443–460.
Zwönitzer, A., Ziegenhain, U., Bovenschen, I., Bressem, K., Pillhofer, M., Fegert, J. M., Spangler, G., Gerlach, J., Gabler, S. & Künster, A. K. (2015). Effects of early intervention in children at risk: Short-term and long-term findings from an attachment-based intervention program. Mental Health & Prevention, 3(2015), 98–102.
Internetadressen:
Frühe Hilfen – Für Schwangere, werdende Eltern und Familien mit Kindern bis drei Jahre: www.elternsein.info
Frühe Hilfen – Für Schwangere, werdende Eltern und Familien mit Kindern bis drei Jahre. Instagram-Profil elternsein_info:
https://www.instagram.com/elternsein_info
Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH): www.fruehehilfen.de
Nationales Zentrum Frühe Hilfen bei LinkedIn: https://de.linkedin.com/company/nationales-zentrum-fruehe-hilfen
Kooperationspartner: Deutsches Jugendinstitut e. V.: www.dji.de
Verweise:
Kinderschutz und Prävention ‒Gesundheitsförderung
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