Akteure und Strukturen der Gesundheitsförderung und Prävention

Stephan Blümel , Martina Plaumann

(letzte Aktualisierung am 28.03.2025)

Zitierhinweis: Blümel, S. & Plaumann, M. (2025). Akteure und Strukturen der Gesundheitsförderung und Prävention. In: Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden.

https://doi.org/10.17623/BIOEG:Q4-i001-3.0

Zusammenfassung

Im Feld der Gesundheitsförderung und Prävention gibt es eine Vielzahl von staatlichen, halbstaatlichen und nichtstaatlichen Strukturen und Institutionen auf unterschiedlichen Ebenen. Im Sinne einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik (Health in All Policies – HiAP) müssen auch Sektoren und Organisationen außerhalb des Gesundheitswesens einbezogen werden, die einen Einfluss auf Gesundheitsdeterminanten haben können. In dem Beitrag wird eine Übersicht über zentrale Akteure sowie Strukturen auf internationaler, EU- und deutscher Ebene und eine zusammenfassende Einschätzung der Ressourcen und Defizite gegeben.

Schlagworte

Akteure, Institutionen, Strukturen, Lebenswelten, Gesamtpolitik


Um zu verstehen, welche Akteure in der Gesundheitsförderung aktiv sein können, müssen die Determinanten von Gesundheit berücksichtigt werden. Diese umfassen nach sozialökologischem Verständnis sowohl individuelle Faktoren (z. B. Alter, Geschlecht, Erbanlagen, Gesundheitsverhalten) als auch das soziale Umfeld (z. B. Familie, Freunde), Lebens- und Arbeitsbedingungen (inkl. Wohnverhältnisse, Bildung, Gesundheitsversorgung) bis hin zu makrosystemischen Faktoren (Gesundheits- und Sozialpolitik, Wohlstand, Normen und Werte einer Gesellschaft) (Dahlgren & Whitehead, 1991, 2006; Gesundheit).

Daraus ergibt sich der Bedarf an Präventionsstrategien mit einem ganzheitlichen Lebensweltansatz (das heißt Verhaltens- und Verhältnisprävention) unter Einbezug aller relevanten Sektoren und Institutionen im Sinne eines Health in All Policies-Ansatzes (Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik/Healthy Public Policy; Dadaczynski et al., 2019; WHO, 2014). Das Feld der gesundheits(-förderungs)relevanten Akteure reicht daher vom Gesundheitswesen über den Bildungs-, Sozial- und Medienbereich bis hin zum Umwelt-, Arbeits-, Bau-, Verkehrs- und Finanzsektor unter Berücksichtigung staatlicher, öffentlich-rechtlicher und privater Institutionen, Organisationen und Betriebe.

Internationale Ebene

Zunehmend bestimmen transnationale Einflüsse gesundheitliche Lagen, Determinanten und Risiken, die nicht allein auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene adressiert werden können (wie der Klimawandel und Pandemien). Das Konzept Globale Gesundheit/Global Health analysiert zum einen mit dem Fokus auf soziale Determinanten und Chancengleichheit die gegenseitig wirksamen ökonomischen, ökologischen, politischen und sozialen Abhängigkeiten von Staaten durch grenzüberschreitende gesundheitsbezogene Güter, Finanzmittel, Personen, Konzepte, Vorstellungen, Lebensstile, Ideen und Werte. Zum anderen entwickelt es Ansatzpunkte für gesundheitspolitische Interventionen durch Kooperationen von internationalen Organisationen, Staatengemeinschaften, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), privaten Stiftungen und Unternehmen sowie der Zivilgesellschaft.

Im internationalen Bereich ist in erster Linie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu nennen, bei der Gesundheitsförderung explizit im Vordergrund steht. Sie hat durch die Konferenzen von Ottawa (1986) und Jakarta (1997) (und den damit verbundenen Konferenzdokumenten und Chartas) die Entwicklung und Fortschreibung des Konzepts Gesundheitsförderung entscheidend vorangebracht (Gesundheitsförderung 1: Grundlagen; Gesundheitsförderung 2: Entwicklung vor Ottawa 1986) und weitere Konferenzen und Programme auf globaler und europäischer Ebene durchgeführt (Gesundheitsförderung 3: Entwicklung nach Ottawa). Außerdem unterhält sie weltweit sechs Regionalbüros, darunter das für Europa in Kopenhagen (Organisationsplan für die Europäische Region siehe: www.who.int/europe/about-us/about-who-europe/organigram).

Andere internationale Organisationen (wie UNICEF, Weltbank, UN-Entwicklungsfonds, UN-Bevölkerungsfonds, Internationale Arbeitsorganisation, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Internationaler Währungsfonds) beeinflussen Umwelt- und soziale Bedingungen und damit auch gesundheitliche Determinanten bzw. adressieren direkt Gesundheitsthemen. Beispielsweise vergibt die Weltbank Kredite an einkommensschwache Länder und ist ein wichtiger Sponsor für Gesundheitsprojekte wie Impfkampagnen und Programme z. B. zur Malariabekämpfung (Naidoo & Wills, 2019). Global tätige Unternehmen (z. B. im Ernährungs- und IT-Bereich) können durch die Weiterentwicklung ihrer Angebote die Gesundheitskommunikation und das Gesundheitsverhalten beeinflussen.

Stiftungen wie die Gates-Foundation verfolgen das Ziel der Verbesserung der Gesundheitsvorsorge und -versorgung (Naidoo & Wills, 2019). Auch Nichtregierungsorganisationen wie Medico international oder Greenpeace können gesundheitsrelevante Probleme thematisieren. Staatengemeinschaften wie die Europäische Union sind durch gemeinsame rechtliche Regelungen in der Lage, zur Verbesserung von gesundheitlichen Rahmenbedingungen beizutragen (z. B. Gesundheitsschutz-, Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards).

Europäische Union

Jeder Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) hat grundsätzlich die Verantwortung für seine Gesundheitspolitik, sein Gesundheitswesen, die medizinische Versorgung und den Gesundheitsschutz seiner Bevölkerung. In der Regel ergänzt und unterstützt die EU lediglich die Politik ihrer Mitgliedsstaaten und fördert die Zusammenarbeit. Europäische gesetzgeberische Maßnahmen zum Gesundheitsschutz kommen nur subsidiär unter der Prämisse der Verhältnismäßigkeit zum Einsatz, wo nationale Regelungen zur Zielerreichung nicht ausreichen können. Das ist z. B. der Fall bei der Prävention und Bekämpfung grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren sowie bei Schutzmaßnahmen vor Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch.

Die EU kann auch mit eigener Zuständigkeit (sofern die Mitgliedsstaaten beteiligt sind) im Rahmen von EU-Gesetzgebungsverfahren zum Bereich Gesundheitsschutz und Binnenmarkt Regelungen beispielsweise zur Patientenmobilität (Behandlungsmöglichkeiten in anderen Mitgliedstaaten), zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei Organen und Substanzen menschlichen Ursprungs, Arzneimitteln und Medizinprodukten, im Veterinärwesen und Pflanzenschutz (Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz) treffen (BMG, o. J.).

Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat die EU verschiedene Rechtsakte und Verordnungen erlassen (z. B. zur Aufstellung eines EU-Planes bei Gesundheitskrisen, zu Überwachungsmechanismen, zu medizinischen Gegenmaßnahmen). Außerdem gründete die Europäische Kommission die EU-Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen Health Emergency Preparedness and Response Authority (HERA). Sie strebt die Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (European Health Data Space [EHDS]) an, um den Austausch und die Nutzung von Daten in der Versorgung und für die Forschung zu erleichtern.

Die EU kann auch auf Gebieten − außerhalb des Gesundheitswesens, aber mit Wirkung auf dasselbe − Gesetze und Verordnungen erlassen, u. a. zum Arbeits-, Verbraucher-, Daten- und Katastrophenschutz (Health in All Policies; BMG o.J.).

Leitungsgremium der EU ist die Europäische Kommission, bestehend aus 27 Kommissarinnen und Kommissaren unter dem Vorsitz einer Präsidentin bzw. eines Präsidenten, die nach Politikbereichen gegliederten Verwaltungseinheiten, sogenannten Generaldirektionen, vorstehen. Die Generaldirektionen entwickeln die Strategien, Rechtsvorschriften und Förderprogramme der EU in bestimmten Politikfeldern (z. B. Gesundheit und Lebensmittelsicherheit), setzen diese um und verwalten sie (Europäische Kommission, o. J.). Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben ein Netz von dezentralen Agenturen eingerichtet, die die Hauptorgane der EU (Europäischer Rat und Ministerrat, Europäisches Parlament und Kommission) sowie die Mitgliedsstaaten mit Forschung und wissenschaftlicher Beratung bei der Gestaltung politischer Strategien und Gesetze auf europäischer und nationaler Ebene unterstützen (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, 2015). Im Folgenden sind beispielhaft Agenturen mit impliziten und expliziten Gesundheitsbezügen aufgeführt:

  • Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA)
  • Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA)
  • Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA)
  • Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
  • Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD)
  • Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
  • Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound)
  • Europäische Umweltagentur (EUA)
  • Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE)
  • Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC)
  • Exekutivagentur für Gesundheit und Verbraucher (EAHC)

Das Europäische Parlament stellt Informationen zu Grundlagen und Entwicklungen im Bereich der Öffentlichen Gesundheit zur Verfügung, u. a. zur Gesundheit in allen Politikbereichen (HiAP-Konzept) sowie zur Prävention von Krankheiten und Förderung der Gesundheit (Europäisches Parlament, o. J.).

In der Gesundheitsförderung steht die Förderung und Unterstützung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten durch die EU im Vordergrund. Dies geschieht durch die Entwicklung von Programmen, Strategien, rechtlichen Grundlagen und Projekten sowie die Einrichtung von EU-Institutionen/Agenturen und Netzwerken (Gesundheitsförderung 4: Europäische Union).

Akteure in Deutschland

In Deutschland gibt es eine Vielfalt von Institutionen, Einrichtungen, Kooperationen und Initiativen im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Sektoren und Disziplinen (siehe dazu NPK, 2019; Dadaczynski et al., 2019; Plaumann et al., 2023).

Mit gesundheitsförderlichen und präventiven Aufgaben sind z. B. Ministerien, Behörden und Ämter auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, Sozialversicherungsträger, Akteure der Zivilgesellschaft, Sozialpartner sowie Institutionen in den Lebenswelten betraut (Health in All Policies-Ansatz) (Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik/Healthy Public Policy). Einige sind gesetzgeberisch tätig oder konzentrieren sich auf Planung und Finanzierung. Andere – insbesondere auf Landes- und kommunaler Ebene – setzen gesundheitsförderliche und präventive Maßnahmen vor Ort um. Davon arbeiten viele in Kooperationsstrukturen, um ihr Engagement abzustimmen und weiterzuentwickeln.

In Abb. 1 werden die Akteure staatlichen, halbstaatlichen und nichtstaatlichen Institutionen zugeordnet – wobei es auch hier Überschneidungen geben kann –, die auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene tätig sein können.

Staatliche Akteure in Deutschland

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist die oberste Bundesbehörde mit Zuständigkeit für Gesundheit. Seine nachgeordneten Behörden sind u. a. das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) – ehemals „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ (BZgA), das gesundheitsförderliche und präventive Aufklärungsmaßnahmen für einen gesunden Lebensstil entwickelt und in Kampagnen, Programmen und Projekten umsetzt, sowie das Robert Koch-Institut (RKI), dessen Kernaufgaben die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere Infektionskrankheiten, sind (Prävention übertragbarer Erkrankungen). Beim Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit angesiedelt ist das durch das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) geförderte Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) (Frühe Hilfen).

Weitere Bundesministerien haben Bezüge zu Gesundheitsförderung und Prävention, z. B. das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), an dem die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angesiedelt ist. Die dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nachgeordnete Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) berät zu Fragen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Dabei finden sich Bezugspunkte zur betrieblichen Gesundheitsförderung (Betriebliche Gesundheitsförderung).

Auf Länderebene sind Landesministerien zu Gesundheitsförderung und Prävention aktiv. Sie sind u. a. für die Umsetzung von Gesetzen zuständig. Zumeist sind Themen wie Gesundheit, Bewegung, Ernährung, Bildung, Soziales, Arbeit und Umwelt in einem Ministerium zusammengeführt. Ihnen nachgeordnet sind Landesgesundheitsämter, die als Fachbehörden gesundheitsförderliche und präventive Vernetzung, Beratung und Weiterbildung anbieten. Die Landesgesundheitsämter zählen zum Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) (Öffentlicher Gesundheitsdienst [ÖGD] und Gesundheitsförderung). Die fachliche und politische Beratung und Abstimmung der föderalen Ministerien findet im Rahmen von Fachministerkonferenzen statt, z. B. der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), Sportministerkonferenz (SMK) und Kultusministerkonferenz (KMK). Eine Initiierungs- und Steuerungsfunktionen für ihre Mitglieder und die Landespolitik haben auch die Landesgesundheitskonferenzen (Gesundheitskonferenzen).

Auf kommunaler Ebene übernehmen die zum ÖGD zählenden Gesundheitsämter Aufgaben der Gesundheitsberichterstattung. Außerdem sind sie zuständig für Aufsicht und Kontrolle (z. B. Schuleingangsuntersuchungen, Infektionsschutz) sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote (Öffentlicher Gesundheitsdienst [ÖGD] und Gesundheitsförderung). Sie beteiligen sich an der Netzwerkarbeit z. B. im Rahmen der kommunalen Gesundheitskonferenzen (KGK) und regionalen Arbeitsgemeinschaften für Gesundheitsförderung. Weitere kommunale Ämter außerhalb des Gesundheitswesens, z. B. in den Bereichen Soziales, Jugend, Umwelt oder Stadtplanung, können ebenfalls für Themen der Gesundheitsförderung und Prävention von Bedeutung sein.

Die kommunalen Spitzenverbände Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund sind freiwillige Zusammenschlüsse und Organisationen der Städte, Landkreise und Gemeinden auf Landes- und Bundesebene. Sie fördern den Erfahrungsaustausch und den Meinungsbildungsprozess zwischen ihren Mitgliedern und vertreten die kommunalen Interessen – auch im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention. Das Gesunde Städte-Netzwerk ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Kommunen, die sich dazu verpflichten, Gesundheitsförderung und Prävention in den Prozessen und Strukturen der Kommunen zu verankern (Gesunde Städte-Netzwerk).

Halbstaatliche Akteure

Zu den halbstaatlichen Akteuren, die in der Gesundheitsförderung und Prävention tätig sind, zählen in Deutschland insbesondere die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme; vor allem die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sowie die soziale Pflegeversicherung (SPV), die gesetzliche Unfallversicherung (GUV) und die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) (Gesundheitsförderung 5: Deutschland; Finanzierung der Gesundheitsförderung; Präventionsgesetz).

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungen (GKV-Spitzenverband, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Deutsche Rentenversicherung Bund) sind als Arbeitsgemeinschaft Träger der Nationalen Präventionskonferenz (NPK). Gemeinsam entwickeln sie eine nationale Präventionsstrategie und schreiben sie fort. Weitere Akteure wirken auf Bundes- Landes- und kommunaler Ebene in der NPK in beratender Funktion mit.

Berufsangehörige von medizinischen Professionen sind Pflichtmitglieder in ihren jeweiligen Kammern, wie z. B. der (Zahn-)Ärztekammer auf Landesebene. Sie fördern u. a. die Fortbildung ihrer Mitglieder auch zu Gesundheitsförderung und Prävention. Als Arbeitsgemeinschaft der (Zahn-)Ärztekammern wirkt die Bundes(zahn-)ärztekammer (BÄK, BZÄK). Auf Landesebene stellen die Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen die ambulante ärztliche Versorgung sicher und betreiben Qualitätssicherung hinsichtlich der erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn-)ärztliche Bundesvereinigung (KBV, KZBV) ist ihr Dachverband.

Wichtige Akteure außerhalb des Gesundheitswesens sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die eine Multiplikatoren- und Mittlerfunktion mit großer Reichweite übernehmen können mit zahlreichen Informationsformaten (Nachrichten, Live-Pressekonferenzen, Sonder- und Ratgebersendungen, Talk-Shows, Podcasts etc.).

Nichtstaatliche Akteure

Es gibt eine Vielzahl von nichtstaatlichen Akteuren, die Bezüge zu Gesundheitsförderung und Prävention aufweisen. So sind in der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e. V. (BVPG) Institutionen und Verbände zusammengeschlossen, die das Ziel verfolgen, durch Vernetzung der Akteure aus Praxis, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, die Strukturen der Gesundheitsförderung und Prävention zu verbessern.

Die Leitziele des von der ehemaligen BZgA initiierten bundesweiten Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit bestehen in der Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit und in der Unterstützung der Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten Gruppen (Gesundheitsförderung 8: Bewertung und Perspektiven). Der Kooperationsverbund Gesundheitsziele entwickelt unter Beteiligung von Bund, Ländern und weiteren Akteuren Gesundheitsziele und empfiehlt Maßnahmen zur Zielerreichung.

Die Aufgabe der Landesvereinigungen für Gesundheit (Bezeichnungen unterscheiden sich) bzw. entsprechender Institutionen besteht darin, ein koordiniertes, themen- und zielgruppenspezifisches Vorgehen hinsichtlich Gesundheitsförderung und Prävention zu ermöglichen. Die Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancengleichheit (KGC) sind meist bei ihnen angesiedelt und tragen die Arbeit des Kooperationsverbundes in die Länder und Kommunen (Gesundheitsförderung und soziale Benachteiligung/Gesundheitsförderung und gesundheitliche Chancengleichheit).

Informations- und Erfahrungsaustausch unter erkrankten Menschen und unter ihren Angehörigen, praktische Lebenshilfe sowie gegenseitige emotionale Unterstützung ermöglichen die vielen (über-)regionalen Selbsthilfevereinigungen. Selbsthilfeorganisationen umfassen auf Bundes- oder Landesebene regionale Gruppen und/oder einzelne Mitglieder und sind meist in Dachverbänden organisiert (Selbsthilfe, Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeförderung).

Unter anderem zu gesundheitsbezogenen Themen informieren, beraten und unterstützen die kommunalen Verbraucherberatungsstellen und die auf Bundes- und Landesebene organisierten Verbraucherzentralen. Inhalte mit Gesundheitsbezug sind ebenfalls im Kurs- und Vortragsangebots von Volkshochschulen enthalten, das sich meist an Erwachsene richtet; auch freie Anbieter bieten Kurse und Vorträge an (Gesundheitsbildung). Die Stiftung Warentest untersucht Produkte und Dienstleistungen z. B. im Bereich der Körperpflege sowie der Prävention und Therapie von Erkrankungen.

Die Freie Wohlfahrtspflege umfasst gemeinnützige Organisationen, die sich im Sozial- und Gesundheitswesen betätigen (u. a. durch Angebote wie Kitas, Offene Ganztagsbetreuung, Pflegeeinrichtungen, Beratungsstellen). In der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW) sind die Spitzenverbände Arbeiterwohlfahrt (AWO), Caritas, Deutschem Roten Kreuz e. V. (DRK), Diakonie, Paritätischer Wohlfahrtsverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST) organisiert.

Viele Bürgerinnen und Bürger sind Mitglieder in Sportvereinen. Die Vereine führen oft neben ihrem originären Bewegungsangebot auch darüber hinausgehende gesundheitsförderungs- und präventionsbezogene Projekte durch. Sie sind in Landessportverbänden und in bundesweiten Sportverbänden organisiert (Deutscher Olympischer Sportbund e. V., Deutscher Fußball-Bund e. V., Deutscher Turner-Bund e. V. etc.).

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände können sich ebenfalls für Sport- und andere Präventionsangebote in Betrieben (z. B. Impfungen durch Betriebsärzte) sowie gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen (z. B. Arbeitsschutzmaßnahmen, DGB-Index Gute Arbeit) einsetzen.

Auch private Unternehmen tragen mit ihren Angeboten zur Gesundheitsvorsorge bei: Innerhalb des Gesundheitsbereiches sind hier z. B. private Krankenkassen, Apotheken oder Fitnessstudios aktiv. Private Medien (Publikumszeitungen und -zeitschriften, TV-Sender etc.) informieren beispielsweise über Ernährung, Bewegung und Infektionsschutz. Herstellende und Handelsunternehmen stellen den aus ihrer Sicht gesundheitlichen Nutzen von Produkten heraus (z. B. Trainings- und Messgeräte, Bioprodukte, fett- und zuckerreduzierte Lebensmittel, Nutri-Score).

Lebenswelten

Als Dach-Setting der Lebenswelten wird die Kommune angesehen, unter der weitere Lebenswelten wie Quartiere, Kindertagesstätten oder Betriebe verortet sind. Der Kommune kommt die Aufgabe der Koordination aller an Gesundheitsförderung und Prävention beteiligten Akteure sowie Netzwerke zu, außerdem die Gestaltung der Rahmen und Übergänge zwischen den einzelnen Lebenswelten (Kommunale Gesundheitsförderung; Sozialraum- und Gemeindeorientierung in der Gesundheitsförderung; Gemeindepsychologische Perspektiven auf Gesundheit und KrankheitPräventionskette/Integrierte kommunale Gesundheitsstrategie; Urban Health/Stadtgesundheit).

Viele der für die Bevölkerung wichtigen Lebenswelten (Gesundheitsförderung 8: Bewertung und Perspektiven, Settingansatz/Lebensweltansatz) werden von kommunalen, staatlichen und auch nichtstaatlichen Akteuren unterhalten. So werden beispielsweise Kindertagesstätten, Schulen und Pflegeeinrichtungen einerseits von den Kommunen oder den Ländern ebenso betrieben wie von der Freien Wohlfahrtspflege, von Vereinen und privatwirtschaftlichen Anbietern. Zudem sind die privat organisierten Lebenswelten der Jugendarbeit sowie private Betriebe zentrale Orte, an denen Gesundheitsförderung und Prävention ansetzen können.

In diesen Lebenswelten arbeiten die für die Gesundheitsförderung und Prävention so wichtigen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren (Zielgruppen, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren). Als Fachkräfte geben sie ihr Fachwissen und Fachkönnen sowie Forschungsergebnisse und Lehrmeinungen weiter. Sie sind zentrale Akteurinnen und Akteure der Gesundheitsförderung, um die Reichweite von Wissen und Erfahrungen in der Bevölkerung zu erhöhen. Hier sind insbesondere das medizinische und pädagogische Fachpersonal zu nennen. Sie arbeiten u. a. in Arztpraxen, in Praxen für Physiotherapie und Geburtshilfe, in Apotheken, Krankenhäusern und Kliniken, Rehabilitations- sowie Pflegeeinrichtungen sowie in Kindertagesstätten, Schulen, Jugendzentren und Hochschulen (u. a. Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege; Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen; Gesundheitsförderung und Schule; Gesundheitsförderung und Hochschule).

Resümee

In den vergangenen Jahrzehnten ist ein dynamisches Feld von Akteuren sowie Kooperationsnetzwerken im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention entstanden. Bürgerinnen und Bürger können aus einer Vielzahl von Angeboten der Gesundheitsvorsorge, wie Screeninguntersuchungen und Gesundheitskursen, auswählen. Das Präventionsgesetz von 2015 hat in Deutschland zu einer weiteren Vernetzung und Bündelung beigetragen.

Trotz aller Fortschritte kann die Infrastruktur noch nicht mit der programmatischen Entwicklung in der Gesundheitsförderung Schritt halten, insbesondere im Handlungsfeld der gesundheitsfördernden Gesamtpolitik. Grund hierfür ist eine immer noch schwer überschaubare Vielfalt von Akteuren und Aktivitäten mit einem Mangel an sektorenübergreifender Koordination. Hieraus ergibt sich oft eine Fragmentierung und unklare Aufgabenteilung mit der Folge von Parallelangeboten, Angebotslücken und Einzelaktivitäten mit fehlender Kontinuität. Die Folge sind u. a. restriktive bzw. unklare Finanzierungsregelungen für öffentliche Mittel oder Beitragsmittel der Sozialversicherungen.

Sowohl bei der Infrastruktur als auch bei der Finanzierung wird deutlich, dass der Gesundheitsförderungsbereich im Vergleich zum kurativen als auch zu anderen (z. B. Wirtschaft, Verkehr) nach wie vor ein eher durchsetzungsschwacher Bereich ist (Gesundheitsförderung 8: Bewertung und Perspektiven).

Aus diesen Gründen haben trotz aller Fortschritte Gesundheitsförderung und Prävention noch nicht „die zentrale Bedeutung, die ihnen in gesundheitsökonomischer und politischer Sicht zukommen sollte“ (Dadaczynski et al, 2019, S. 250).

Literatur:

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Blümel, S. (2011). Akteure, Angebote und Strukturen. In Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.), Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention – Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden (S. 14-18). Verlag für Gesundheitsförderung.

BMG – Bundesministerium für Gesundheit (o. J.). Europäische Gesundheitspolitik. Zugriff am 13.02.2025 unter www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/internationale-gesundheitspolitik/europa/europaeische-gesundheitspolitik.html

Dadaczynski, K., Plaumann, M., Alayli, A. & Thaiss, H. M. (2019). Rahmenbedingungen und gesetzliche Grundlagen der Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland. In J. Naidoo & J. Wills. Lehrbuch Gesundheitsförderung (S. 237–253). Hogrefe.

Dahlgren, G. & Whitehead, M. (1991). Policies and strategies to promote social security in health. Institute for Future Studies.

Dahlgren, G. & Whitehead, M. (2006). European strategies for tackling social inequities in health: Levelling up (Part 2). WHO Regional Office Europe. Zugriff am 13.02.2025 unter https://iris.who.int/handle/10665/107791   

Europäisches Parlament (o. J.). Kurzdarstellungen zur Europäischen Union. Öffentliche Gesundheit. Zugriff am 13.02.2025 unter www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/49/offentliche-gesundheit

Europäische Kommission (o. J.). Organisationsstruktur der Kommission. Zugriff am 13.02.2025 unter https://commission.europa.eu/about/organisation_de

Naidoo, J. & Wills, J. (2019). Internationale Akteure und Akteurinnen. In BZgA (Hrsg.), Lehrbuch Gesundheitsförderung (S. 276−277). Hogrefe.

NPK – Nationale Präventionskonferenz (2019). Erster Präventionsbericht nach § 20d Abs. 4 SGB V. Zugriff am 13.02.2025 unter www.npk-info.de/praeventionsstrategie/praeventionsbericht

Plaumann, M., Schwartz, F. W. & Walter, U. (2023). Prävention und Gesundheitsförderung. In F. W. Schwartz et al. (Hrsg.). Public Health. Gesundheit und Gesundheitswesen (4. Auflage, S. 433–453). Elsevier Urban & Fischer.

Robert Koch-Institut (2015). Wie steht es um Prävention und Gesundheitsförderung? Organisation. In Gesundheit in Deutschland 2015 (S. 242-243). Robert Koch-Institut. Zugriff am 22.02.2025 unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/Gesundheitsberichte/GID2015.html

Sabo, P. (2003). Das System der institutionalisierten Gesundheitsförderung in der Bundesrepublik Deutschland. In Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.), Leitbegriffe der Gesundheitsförderung (4. Auflage, S. 247). Verlag Peter Sabo.

WHO – World Health Organization (2014). Health in all policies. Helsinki statement. Framework for country action. WHO. Zugriff am 13.02.2025 unter www.who.int/publications/i/item/9789241506908

Internetadressen:

Gesunde Städe-Netzwerk: www.gesunde-staedte-netzwerk.de

GVG Forum Gesundheitsziele: https://gvg.org/de/topic/7.nationale-gesundheitsziele.html

Institutionen & Hochschulen: https://infodienst.bzga.de/gesundheitsfoerderung/institutionen-hochschulen

Näheres zur Organisation und Funktion der Europäischen Union siehe https://europa.eu/european-union/index_de.

Verweise:

Betriebliche Gesundheitsförderung, Determinanten der Gesundheit, Finanzierung der Gesundheitsförderung, Frühe Hilfen, Gemeindepsychologische Perspektiven auf Gesundheit und Krankheit, Gesunde Städte-Netzwerk, Gesundheit, Gesundheitsbildung, Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik / Healthy Public Policy, Gesundheitsförderung 1: Grundlagen, Gesundheitsförderung 2: Entwicklung vor Ottawa 1986, Gesundheitsförderung 3: Entwicklung nach Ottawa, Gesundheitsförderung 4: Europäische Union, Gesundheitsförderung 5: Deutschland, Gesundheitsförderung 8: Bewertung und Perspektiven, Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen, Gesundheitsförderung und Hochschule, Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege, Gesundheitsförderung und Schule, Gesundheitsförderung und soziale Benachteiligung / Gesundheitsförderung und gesundheitliche Chancengleichheit, Gesundheitskonferenzen, Global Health / Globale Gesundheit, Kommunale Gesundheitsförderung, Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) und Gesundheitsförderung, Prävention übertragbarer Erkrankungen, Präventionsgesetz, Präventionskette – Integrierte kommunale Gesamtstrategie zur Gesundheitsförderung und Prävention, Selbsthilfe, Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeförderung, Settingansatz/Lebensweltansatz, Sozialraum- und Gemeindeorientierung in der Gesundheitsförderung, Urban health / StadtGesundheit, Zielgruppen, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren